Der 2. Advent

Es war einmal eine junge Frau namens Sonja, deren dunkle Haare in der Sonne glänzten wie ein stiller Nachthimmel und deren große braune Augen ein besonderes Geheimnis bargen. Wenn Sonja lachte, so erzählte man sich, strahlten ihre Augen so funkelnd, als würden kleine Sonnen darin tanzen. Doch es war nicht nur ihr Lachen, das sie so besonders machte, sondern auch ihre Gabe, die Welt mit einem Blick zu sehen, der weit über das Offensichtliche hinausging.

Sonja verstand die Sprache der Farben und Formen wie kaum eine andere. Mit ihren Händen und ihrem Herzen erschuf sie Bilder, die nicht nur das zeigten, was alle sehen konnten. Nein, ihre Kunst war wie ein Schlüssel zu verborgenen Welten – eine Einladung, tiefer zu schauen und das Unsichtbare zu entdecken. Sie glaubte fest daran, dass man nicht nur mit den Augen sehen konnte, sondern auch mit dem Herzen. Und sie wünschte sich nichts mehr, als Menschen zu inspirieren, die Wunder in sich selbst und in der Welt um sie herum zu finden.

Sonjas Weg war nicht immer leicht. Doch sie ging ihn mit einer stillen Stärke, die aus ihrem Glauben heraus wuchs, dass selbst die kleinsten Momente des Lebens pure Magie enthalten können. Schon als kleines Mädchen liebte sie die Kunst – und so nutzte sie ihr künstlerisches Talent, um die Menschen zu berühren und daran zu erinnern, dass oft das, was unsichtbar scheint, das Wichtigste ist.

Sonja hatte ein ganz besonderes Talent: Sie malte Bilder, die mehr waren als nur das, was sie auf den ersten Blick darstellten. Für Sonja war ein Bild wie ein Fenster, durch das man nicht nur die Welt draußen sah, sondern auch die Welt in sich selbst. Sie wusste, dass viele Menschen nur das Offensichtliche wahrnehmen, das direkt vor ihnen liegt. Doch Sonja wollte sie einladen, tiefer zu schauen – in die verborgenen Winkel ihrer Gedanken, ihrer Gefühle und ihrer Träume. Sie wollte, dass sie das Unbewusste wahrnehmen, das manchmal flüsterte wie der Wind durch die Zweige eines alten Baumes.


Sonjas zweiter Advent:

Das Flüstern des Baches

Der Morgen lag still und geheimnisvoll über dem kleinen Seitental im Schwarzwald, während Sonja an diesem zweiten Adventssonntag mit ihrer Leinwand unter dem Arm einen schmalen Weg entlangging. Ein feiner Nebel zog über das Feld und die Tannenwipfel waren wie in zarte Schleier gehüllt. In der Ferne hörte sie das Plätschern des kleinen Baches in der Nähe des Hauses. Ein sanftes, beruhigendes Geräusch, das Sonja seit ihrer Kindheit sehr mochte. Heute wollte sie sich an dem Bach an eine Stelle setzen, die ihr besonders viel bedeutete: Dort, wo das Wasser in kleinen Sprüngen über die Steine hüpfte.

Der kleine Bach floss friedlich vor sich hin und sein Plätschern hörte sich an, als würde es Geschichten erzählen. Geschichten von Momenten, die längst vergangen waren und von Gefühlen, die tief verborgen lagen. Sonja spürte, wie der Anblick sie nachdenklich machte. Es war, als würde das Wassers des Baches sie einladen, ruhig zu werden und in die Tiefe ihrer Gedanken und Erinnerungen zu schauen.

Sie stellte ihre Staffelei am Ufer auf, zog den Schal enger um ihren Hals und nahm ihren Pinsel zur Hand. Doch anstatt sofort loszulegen, hörte sie weiter dem Plätschern des Baches zu. Sonja wusste, dass ihre Bilder nicht nur das Sichtbare zeigen sollten. Doch heute war es schwer, die Gefühle, die in ihr aufstiegen, greifbar zu machen. Sie spürte, dass das Malen nicht so spontan sein würde wie am Sonntag zuvor bei der Tänzerin des Windes. Dieses Mal war es, als müsste sie die Geschichte erst entdecken – Schicht für Schicht, Farbe für Farbe: Wie ein Rätsel, das darauf wartete, gelöst zu werden. Der Bach erinnerte sie an so vieles: An Freude, an Verluste, an Momente, die wie das Wasser gekommen und wieder fortgeflossen waren. Sie spürte eine seltsame Melancholie, die sich wie ein sanfter Regen in ihr Herz legte.

Nach einer Weile begann sie zu malen. Der Bach, so sprudelnd und lebendig, nahm auf ihrer Leinwand seine ganz eigene Gestalt an. Es entstanden sanfte Wellenlinien, die sich wie Gefühle auf der Leinwand ausbreiteten. Die Farben, von kühlen Blautönen bis hin zu warmen Goldtönen, schienen die Launen des Wassers einzufangen: Momente des Lichts und der Freude – aber auch dunklere Stellen, die an tiefe, unausgesprochene Gedanken erinnerten.

Während sie weitermalte, fühlte Sonja, wie ihre Gefühle sich veränderten. Das Plätschern des Baches schien sie zu beruhigen – fast so, als würde er ihre Gefühle ordnen und sie weiterfließen lassen: Fort von ihrem Herzen, fort von der Schwere flossen die Pinselstriche auf die Leinwand. Das Malen war wie ein Gespräch mit dem Bach – ein Austausch ohne Worte, der sie tief berührte.

Als Sonja fertig war, betrachtete sie ihr Werk lange. Es zeigte nicht nur den Bach, es war wie eine Botschaft: Eine Erinnerung daran, dass das Leben wie das Wasser immer weiterfließt – auch wenn es sich manchmal in Strudeln dreht oder Hindernisse überwinden muss. Der Bach war wie ein Spiegel, der Freude, Trauer und Hoffnung zugleich zeigte. Wasser, das seinen Weg suchte… so wie die Menschen auch.

Am Abend präsentierte sie das Bild wieder im Schaufenster des kleinen Cafés in ihrem Dorf. Darunter schrieb sie:

„Manchmal ist es das Wasser, das dich daran erinnert, dass alles fließen darf. Vertraue darauf.“

Und es schien so, als würde das Bild nicht nur Sonjas, sondern auch die Emotionen der Menschen widerspiegeln, die davor stehenblieben. Manche schauten es lange an, andere wischten sich verstohlen eine Träne aus den Augen. Und Sonja? Sie wusste nun, dass das Element Wasser nicht nur Gefühle trug, sondern auch ganz viel Heilung – ein Fließen, das alles miteinander in Verbindung brachte.

Und Sonja lächelte. Die Tänzerin des Windes und das Flüstern des Baches – sie waren wie Schwestern: Jede mit ihrer eigenen Botschaft, doch beide Teil einer größeren Geschichte. Und sie selbst freute sich darauf zu erfahren, welche Botschaft sie als nächstes erreichen würde.


Meine Adventsinspiration für dich:

Der zweite Advent ist verbunden mit dem Element Wasser – dem Symbol für Gefühle und der Kraft, alles weiterzutragen. Das Wasser zeigt dir, dass selbst die stillsten Tiefen voller Bewegung sind und jedes Gefühl seinen Platz hat.

Lass dich in der kommenden Woche vom „Fluss deiner Gefühle“ leiten:

  • Wofür willst du Platz schaffen?
  • Was willst du ins Fließen bringen?

Vielleicht wird dir klar, dass wahre Stärke nicht im Festhalten liegt, sondern im fließen lassen. So, wie ein Bach Hindernisse umspielt und seinen Weg findet, kannst auch du die Kraft des Wassers in dir spüren. Sei wie das Wasser: Flexibel, fließend und voller Leben. 

Gib dir die Erlaubnis, nicht alles perfekt machen zu müssen – sondern einfach weiterzufließen, Schritt für Schritt, Gefühl für Gefühl. Und vertraue darauf, dass das Wasser des Lebens dich trägt.


Song für die Seele

 

Genieß dein Leben, denn du lebst nur jetzt und heute. Morgen kannst du gestern nicht nachholen… – und später kommt vielleicht früher als du denkst!